Der Nebel heute Morgen hielt sich hartnaeckig bis etwa 10:30 Uhr. Dann gewann die Sonne langsam die Oberhand. Entsprechend packte ich auch erst relativ spaet zusammen. Kurz bevor ich losfuhr kam eine Staubwolke auf dem Damm, auf dem ich uebernachtet hatte, in meine Richtung gezogen. Es wirkte wie in einem Western, wenn die Verstaerkung oder der Gegner anrueckt. Ganz so spektakulaer war der Ursprung dann doch nicht: Eine Schafherde wurde auf dem kleinen Trampelpfad neben dem Damm entlang getrieben. Da der Weg aber so klein war, lief der Grossteil der Herde nicht neben, sondern auf dem langen Plateau, auf dem noch vor wenigen Minuten mein Zelt stand.
Haette ich mich zu diesem Zeitpunkt noch im Zelt befunden, ich haette wohl ganz schoen dumm aus der Waesche geschaut, ploetzlich in einer vorbeiziehenden Schafherde zu liegen.

Ich verliess den Damm also kurz vor dem Eintreffen der Tiere und fuhr ab. Wie bereits gestern war der Streckenverlauf ziemlich flach, nur selten mischten sich ein paar Kilometer mit Anstiegen darunter.

Nach etwa 50 km machte ich an einer Tankstelle eine Pause. Ich halte oft an Tankstellen, weil ich dort Trinken kaufen kann (die Preise fuer Wasser sind unwesentlich hoeher als im Supemarkt), weil Toiletten vorhanden sind, weil man immer einen Schatten findet und weil dort meist eine freie Steckdose auf mich wartet.
Im Gegensatz zu Deutschland wird man an spanischen Tankstellen noch bedient. Schon vor ein paar Tagen, an einer Tankstelle bei Jaen, schenkte mir einer der Maenner, die gerade auf Arbeit warteten, eine Flasche Wasser. Ich hatte zwar erst wenige Minuten zuvor in der Tankstelle Trinken gekauft, freute mich aber ueber die nette Geste. Heute kaufte ich an der Tankstelle gar nichts, sondern nutzte nur ihren Schatten. Trotzdem kam ein junger Mann, etwa 20 Jahre alt und der einzige dort zu sehende Mensch, mit einer Wasserflasche auf mich zu und gab sie mir, waehrend er auf die Sonne zeigte und sich symbolisch den Schweiss von der Strin wischte.
Ich bedankte mich freundlich und er begann mich etwas ueber meine Reise zu fragen. Zwar sprach er kein Englisch, aber mit Haenden und Fuessen verstaendigten wir uns halbwegs. Da er viel Zeit zu haben schien und sich sehr wissbegierig zeigte, erzaehlte ich nicht nur die Kurzversion (meist nenne ich nur einen Teil der Strecke, beispielsweise in Spanien: Pamplona-Tarifa-Barcelona), sondern zeigte ihm auf der Europakarte meinen Weg der letzten Monate. Er schien beeindruckt, musste dann aber zur eben herangefahrenen Kundschaft. Als ich losfahren wollte, winkte er mich zu sich herueber und nahm mich mit in das kleine Geschaeft der Tankstelle. Dort schenkte er mir noch zwei sich selbst erwaermende Kaffeebecher.
Die Idee dieser Becher finde ich interessant. Man drueckt am Boden der Verpackung auf eine markierte Stelle und vermischt dadurch zwei Stoffe, was eine chemische Reaktion ausloest und den Kaffee erwaermt. Man verbrennt sich nicht unbedingt die Lippen an dem Getraenk, es ist aber auch nicht nur lauwarm.
Fuer einen radreisenden Kaffeefreund im Grunde keine schlechte Sache. Waere da nicht das unguenstige Gewichtsverhaeltniss. Der Becher ist gross wie eine handelsuebliche Getraenkedose und wiegt auch entsprechend. Enthalten sind aber nur 75 ml Kaffee. Bei drei Tassen Kaffee bringt ein kleiner Gaskocher sicherlich weniger Gewicht auf die Waage als ein paar dieser Becher.

Ich moechte mich aber nicht undankbar verstanden wissen. Er erklaerte mir voller Stolz die Funktionsweise und mit ebenso grosser Freude nahm ich die beiden Becher entgegen. Dass er in mir nicht den Kaffee-Freund schlechthin erwischt hatte, konnte er ja nicht ahnen.

Derart reich beschenkt fuhr ich dann aber tatsaechlich los zum zweiten Teil der Etappe. Bis Chera war die Landschaft zwar nicht zu verachten, so richtig schoen wurde sie aber erst auf den wenigen Kilometern, die ich danach noch zurueckgelegt habe. Wieder schlaengelt sich ein Fluss durch einen tiefen Canyon, was in der Abendsonne beeindruckend aussah. Uebermaessig weit war ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht gekommen, aber es daemmerte bereits. Diese Landschaft bei Dunkelheit zu durchradeln waere wirklich eine Suende gewesen, also entschloss ich mich zur Uebernachtung auf einem winzigen Olivenfeld, das wegen des steilen Abhangs auf ein paar Terrassen mit jeweils nur einer Hand voll Baeume verteilt ist. So kann ich nicht nur morgen bei Helligkeit den Rest der schoenen Gegend geniessen, sondern konnte auch noch mit Panoramablick zu Abend essen.