Gestern abend war ich mit meinem Nachbar aus der Schweiz und einem weiteren Surfer, der aus Oesterreich kam, in Tarifa. Erst gab es in einer kleinen urigen Bar etwas zu Essen, spaeter wechselten wir in eine andere Kneipe.

Ein Schweizer, ein Oesterreicher und ein Schwabe - sprachlich eine sehr lustige Kombination. Ich glaube, dass der erste Satz auf Hochdeutsch erst fiel, als noch drei junge Damen aus Deutschland, die gerade fuer ein Jahr in Marbella arbeiten, zu unserer Runde hinzustiessen.
Im Vergleich zu den Etappentagen wurde es sehr spaet.
Ich bin im Nachhinein froh, dass ich noch einen Tag laenger geblieben bin und mit der Runde somit ein klein wenig meine Ankunft am Wendepunkt meiner Reise gefeiert habe.

Mit der Stadt selbst wurde ich nicht warm. Fuer meinen Geschmack ist alles zu sehr von den Surf-Klischees dominiert. Erstaunlicherweise sah man aber trotz vieler entsprechender Touristen, ordentlichem Wind und schoenstem Wetter kaum Segel oder Kites. Viele Gaeste auf dem Campingplatz hatten Bretter dabei, auf dem Wasser sah ich davon aber nur meine beiden Begleiter. Mir scheint, als moegen manche "Surfer" das Surf-Image lieber als den Sport selbst.

Was ich an Tarifa allerdings mochte, waren die Reisenden und ihre Geschichten. Den Pauschaltouristen, der zwei Wochen in Tarifa verbringt, habe ich dort nicht gesehen. Im einfachsten Fall sind es Rentner, die ihren Urlaub im Warmen verbringen. Oft aber sind es Reisende wie ich, die Tarifa als Startpunkt oder Ziel ihrer Unternehmung gewaehlt haben, oder sie nutzen die Stadt als Tor nach Afrika. Zudem spricht dort bezueglich des Zeitrahmens kaum jemand von "Wochen". Mit wem immer ich gesprochen habe, es ging um mehrere Monate oder gar Jahre, die die Reise oder der Aufenthalt dauern sollte.
Heute morgen lief es bei der Abfahrt nicht richtig rund bei mir. Der Ruhetag bekam mir offensichtlich weniger gut. Die Knie schmerzten etwas und meine Muskulatur hatte sich ueberraschend schnell auf das Strandliegen umgestellt und sah scheinbar keinen Anlass diese Haltung aufzugeben. Erst nach ueber 20 km fuehlte ich mich wieder halbwegs fit. Bis dahin haette mich vermutlich manch Rentner mit der Einkaufstuete am Lenker ueberholen koennen.

Zwar warteten mit dem El Cabrito und dem Puerto de Bujeo keine ernsten Bergpruefungen auf mich, ein paar hundert Hoehenmeter waren aber trotzdem zu bewaeltigen, bevor ich wieder hinab nach Algeciras rollen konnte.
Als groesster Spielverderber setzte sich aber wie bereits gestern auch heute der Levante in Szene. Etwa fuenf Windstaerken hatte ich bei der Abfahrt am Campingplatz gegen mich, weiter oben auf den Bergen wurde es sogar noch etwas mehr.
Als haette das nicht schon gereicht, war auf der Strasse unangenehm viel Verkehr.
Nicht erst in Algeciras, wie ich finde eine der haesslichsten Staedte bisher in Spanien, war mir klar, dass der Weg entlang der Kueste kein grosses Vergnuegen werden wuerde. Nach einigen unangenehmen Kilometern durch die Stadt fuhr ich bei San Roque Richtung Norden in die Berge. Zwei Stunden spaeter war ich inmitten der wunderschoenen Bergwelt, fuhr auf Strassen mit wenig Verkehr, hatte den Abgasgestank der Staedte hinter mir gelassen und konnte die Fahrt wieder in vollen Zuegen geniessen. Der Blick auf das Mittelmeer zuvor war zwar auch nicht uebel, ich muesste ihn aber mit den vielen grossen Staedten auf dem Weg und dem dichten Verkehr zu teuer erkaufen.

Nach Ronda habe ich es nicht ganz geschafft, rund 20 km davor wurde es dunkel. Hinzu kommt, dass ich mich inzwischen auf knapp 1000 m Hoehe befinde und es dort die heute Mittag in Algeciras angezeigten 26 Grad bei weitem nicht mehr hat.
Ein Campingplatz war zwar gegen Ende der Etappe angeschrieben, ich haette dazu aber sieben Kilometer abfahren muessen. Da mir der Sinn nicht danach stand, die gutgemachten Hoehenmeter wieder aufzugeben, habe ich mir am Strassenrand eine Uebernachtungsmoeglichkeit gesucht.
In Spanien stehen oft verlassene Haeuser oder Huetten an der Strasse. Ich moechte keines dieser Gebaeude betreten, da die Daecher teils schon eingestuerzt sind oder aber noch drohen, dies zu tun. Heute habe ich trotzdem solch ein verlassenes Haus ausgesucht und sozusagen im Garten hinter dem Haus mein Zelt aufgeschlagen.